Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG): Die sachlichen Anwendungsbereiche im Überblick

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) stärkt den Schutz von Personen, die Missstände in Unternehmen und Behörden aufdecken. Insbesondere betrifft es Meldungen über Verstöße gegen nationales und europäisches Recht, darunter Korruption, Umweltverschmutzung oder Datenschutzverletzungen. Hinweisgeber, die solche Missstände melden, sollen vor Repressalien geschützt werden und Zugang zu sicheren Meldesystemen erhalten. Doch welche konkreten Sachverhalte fallen unter den Schutz dieses Gesetzes? In diesem Beitrag beleuchten wir die sachlichen Anwendungsbereiche des HinSchG und erläutern, welche Arten von Verstößen und Rechtsverletzungen abgedeckt sind.
 
In den folgenden Abschnitten dieses Blogs werfen wir einen genaueren Blick auf die einzelnen Themenbereiche. Darüber hinaus legt das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) fest, welche Pflichten Unternehmen und Behörden bei der Einrichtung interner Meldestellen treffen. Diese sollen gewährleisten, dass eingehende Hinweise vertraulich behandelt und sachgerecht bearbeitet werden.

Fokus: Die wesentlichen Kernaspekte des Anwendungsbereichs

Um dem Leser einen möglichst klaren und verständlichen Überblick über den sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) zu bieten, werden die jeweiligen Hauptpunkte der betreffenden Nummer oder des entsprechenden Buchstabens („lit.“) prägnant dargestellt. Dabei wird bewusst auf die detaillierte Auflistung potenzieller einschränkender Bedingungen und Variationen verzichtet, um die Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit zu verbessern. Ziel ist es, die wesentlichen Kernaspekte des sachlichen Anwendungsbereiches des Gesetzes strukturiert und übersichtlich zu vermitteln.

Sachlicher Anwendungsbereich § 2 Abs. (1) HinSchG

Der sachliche Anwendungsbereich zeigt, worum es beim Hinweisgeberschutz wirklich geht: Welche Missstände dürfen gemeldet werden – und wann greift der gesetzliche Schutz für Hinweisgeber?

Strafbewehrte Verstöße

Hierunter fallen alle Rechtsverstöße, die gemäß dem deutschen Strafrecht mit einer strafrechtlichen Sanktion belegt sind. Dies umfasst beispielsweise Fälle von Korruption, Betrug, Untreue oder Umweltstraftaten. Personen, die solche Gesetzesverstöße melden, werden durch das HinSchG geschützt (§ 2 Abs. (1) Nr. 1 HinSchG).

Bußgeldbewehrte Verstöße

Das Gesetz deckt auch Verstöße ab, die mit einem Bußgeld geahndet werden, sofern die verletzte Vorschrift dem Schutz besonders sensibler Rechtsgüter dient. Dazu gehören Regelungen zum Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheit und Gesundheit. Ebenso umfasst das Gesetz Bestimmungen zum Schutz von Arbeitnehmerrechten und der Vertretungsorgane von Beschäftigten, wie zum Beispiel Vorschriften aus dem Arbeitsschutz oder dem Betriebsverfassungsrecht (§ 2 Abs. (1) Nr. 2 HinSchG).

Sonstige Verstöße

Alle sonstigen Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft. Die jeweiligen Bestimmungen finden sich im § 2 Abs. (1) Nr. 3 des HinSchG unter dem betreffenden Buchstaben:
  1. Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
  2. Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Vorgaben zur Produktsicherheit und -konformität.
  3. Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Vorgaben zur Sicherheit im Straßenverkehr.
  4. Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Vorgaben zur Gewährleistung der Eisenbahnbetriebssicherheit. Dies können insbesondere solche sein, die gegen technische, betriebliche oder personelle Sicherheitsanforderungen verstoßen.
  5. Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Vorgaben zur Sicherheit im Seeverkehr.
  6. Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Vorgaben zur zivilen Luftverkehrssicherheit.
  7. Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Vorgaben zur sicheren Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, per Eisenbahn und per Binnenschiff.
  8. Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Vorgaben zum Umweltschutz.
  9. Verstöße gegen Rechtsvorschriften mit Vorgaben zum Strahlenschutz und zur kerntechnischen Sicherheit. Dies können insbesondere solche sein, die gegen Anforderungen des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG), der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) oder des Atomgesetzes (AtG) verstoßen, etwa im Hinblick auf den sicheren Betrieb kerntechnischer Anlagen, den Schutz vor ionisierender Strahlung oder die sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle.
  10. Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und der Energieeffizienz.
  11. Verstöße gegen Rechtsvorschriften
    • zur Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit.
    • zur ökologischen Produktion und zur Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen
    • zum Schutz geografischer Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel einschließlich Wein, aromatisierter Weinerzeugnisse und Spirituosen sowie garantiert traditioneller Spezialitäten.
    • zum Inverkehrbringen und Verwenden von Pflanzenschutzmitteln sowie zur Tiergesundheit und zum Tierschutz.
  12. Verstöße gegen Rechtsvorschriften zu Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs, Human- und Tierarzneimittel, Medizinprodukte sowie die grenzüberschreitende Patientenversorgung.
  13. Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Herstellung, zur Aufmachung und zum Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen.
  14. Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Regelung der Verbraucherrechte und des Verbraucherschutzes. Dies können insbesondere solche sein, die gegen gesetzliche Informationspflichten, Widerrufsrechte, Gewährleistungsansprüche oder das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken verstoßen.
  15. Verstöße gegen Rechtsvorschriften
    • zum Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation.
    • zum Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation.
    • zum Schutz personenbezogener Daten im Bereich der elektronischen Kommunikation.
    • zum Schutz der Privatsphäre der Endeinrichtungen von Nutzern und von in diesen Endeinrichtungen gespeicherten Informationen.
    • zum Schutz vor unzumutbaren Belästigungen durch Werbung mittels Telefonanrufen, automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post.
    • sowie über die Rufnummernanzeige und -unterdrückung und zur Aufnahme in Teilnehmerverzeichnisse.
  16. Verstöße gegen den Schutz personenbezogener Daten im Anwendungsbereich der DS-GVO.
  17. Verstöße gegen das BSI-Gesetz. Das Gesetz regelt Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit in der Informationstechnik – insbesondere für Anbieter digitaler Dienste. Es verpflichtet Unternehmen wie Cloud-Dienste, Online-Marktplätze oder Suchmaschinen dazu, ihre Systeme gegen Cyberangriffe zu schützen und ein angemessenes Sicherheitsniveau ihrer IT-Infrastrukturen sicherzustellen.
  18. Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Regelung der Rechte von Aktionären von Aktiengesellschaften. Hierzu zählen insbesondere Verstöße gegen das Stimmrecht, das Auskunftsrecht, das Dividendenrecht oder das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre gemäß den Vorgaben des Aktiengesetzes (AktG).
  19. Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse. Unternehmen von öffentlichem Interesse – oft auch als Public Interest Entities (PIE) bezeichnet – sind Unternehmen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung oder ihrer Tätigkeit besonders im Fokus der Öffentlichkeit stehen (siehe EU-Richtlinie 2013/34/EU und § 316a HGB).
  20. Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Rechnungslegung einschließlich der Buchführung von Unternehmen, die kapitalmarktorientiert sind (wie beispielsweise Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Wertpapierinstitute, Zahlungsdienstleister, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds).

Die folgenden Bestimmungen finden sich im § 2 Abs. (1) unter der jeweils angegebenen Nr.

Dabei handelt es sich um besonders schützenswerte Rechtsnormen, deren Missachtung erhebliche Risiken für öffentliche Interessen, Sicherheit oder individuelle Rechte mit sich bringen kann.
  1. Verstöße gegen bundesrechtlich und einheitlich geltende Regelungen für Auftraggeber zum Verfahren der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen und zum Rechtsschutz in diesen Verfahren ab Erreichen der jeweils maßgeblichen EU-Schwellenwerte.
  2. Meldung von Verstößen im Bereich der Finanzdienstleistungsaufsicht. Diese Verstöße betreffen insbesondere Unternehmen und Personen, die von der BaFin beaufsichtigt werden.
  3. Verstöße gegen für Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften geltende steuerliche Rechtsnormen. Dies können insbesondere solche sein, die gegen Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), des Einkommensteuergesetzes (EStG), der Abgabenordnung (AO) oder des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) verstoßen, etwa im Hinblick auf die ordnungsgemäße Erklärung, Abführung oder Offenlegung steuerlich relevanter Sachverhalte.
  4. Verstöße in Form von Vereinbarungen, die darauf abzielen, sich in missbräuchlicher Weise einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der dem Ziel oder dem Zweck des für Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften geltenden Steuerrechts zuwiderläuft.
  5. Verstöße gegen gegen die Regeln zur Wahrung des fairen Wettbewerbs in der Europäischen Union und Deutschland. Dazu gehören unter anderem Kartellabsprachen, die den Wettbewerb einschränken, und der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Außerdem fallen darunter Verstöße gegen nationale Vorschriften, die faire Marktbedingungen sicherstellen sollen.
  6. Verstöße gegen Vorschriften des Gesetzes über digitale Märkte. Es regelt den fairen Wettbewerb im Online-Bereich. Es soll sicherstellen, dass große digitale Plattformen ihre Marktmacht nicht missbrauchen und kleineren Unternehmen sowie Verbrauchern faire Bedingungen bieten. Verstöße gegen diese Regeln, wie zum Beispiel die ungerechte Behandlung von Konkurrenten oder die Einschränkung von Wahlmöglichkeiten für Nutzer, sind durch die Verordnung verboten.
  7. Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen. Dies können insbesondere solche sein, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen, verächtlich machen oder aktiv bekämpfen.

Sachlicher Anwendungsbereich § 2 Abs. (2) HinSchG

Der sachliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) umfasst nicht nur nationale Verstöße, sondern bezieht ausdrücklich auch bestimmte europarechtliche Regelungsbereiche ein. So schützt das Gesetz Hinweisgeber, die auf Verstöße gegen den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union (Art. 325 AEUV) sowie auf Verstöße gegen Binnenmarktvorschriften (Art. 26 Abs. 2 AEUV) hinweisen.
 
Dazu zählen unter anderem Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von EU-Mitteln (z. B. Subventionsbetrug) oder Verstöße gegen Wettbewerbs- und Beihilferegelungen, die über die nationalen Vorschriften hinausgehen. Der Gesetzgeber trägt damit der engen Verflechtung von nationalem und europäischem Recht Rechnung und stärkt den Schutz von Hinweisgebern in einem europaweiten Kontext.

Fazit

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist ein entscheidender Schritt zur Stärkung von Transparenz und Integrität in Unternehmen und Behörden. Durch die klare Regelung der sachlichen Anwendungsbereiche werden Hinweisgeber gezielt geschützt, wenn sie Verstöße gegen Gesetze oder Vorschriften melden. Besonders wichtig ist dabei die Absicherung von Personen, die sich für die Bekämpfung von Straftaten, Ordnungswidrigkeiten und anderen relevanten Verstößen einsetzen.
 
Unternehmen und Behörden müssen durch interne Meldestellen gewährleisten, dass Hinweise vertraulich behandelt und angemessen verfolgt werden. Dies trägt dazu bei, Missstände frühzeitig aufzudecken und rechtzeitig dagegen vorzugehen.
 
Insgesamt fördert das HinSchG eine Kultur der Verantwortlichkeit und schafft ein sicheres Umfeld für Hinweisgeber. Wer sich für Transparenz und den Schutz grundlegender Rechte einsetzt, kann auf die Unterstützung dieses Gesetzes zählen. Damit leistet es einen wichtigen Beitrag zur Stärkung von Rechtsstaatlichkeit und fairen Arbeitsbedingungen.